Dies ist ein Beitrag von AU-Co-Autor Steffen.
Was ist das eigentlich?
Wir alle hatten ihn schonmal, diesen AHA-Moment, wenn wir eine Geschichte gelesen oder einen Film oder eine Serie geschaut haben, in dem wir dachten: Ich habe es schon die ganze Zeit geahnt! Dieses Gefühl etwas vorausahnen zu können, obwohl wir uns nicht ganz sicher sind, erhalten wir durch Vorausdeutungen.
Das Foreshadowing oder wie wir es im Deutschen nennen, die Vorausdeutung, dient dazu, Hinweise zu streuen, was im weiteren Verlauf der Geschichte passieren oder wichtig werden wird. Diese Hinweise können offensichtlich sein, doch sein volles Potenzial schöpft das Foreshadowing aus, wenn es subtil eingesetzt wird.
Die Vorausdeutung zieht den Leser ins Geschehen. Er erhält dadurch Informationen, die zu einem späteren Zeitpunkt wichtig werden. So lüftet er nach und nach Geheimnisse, die den weiteren Verlauf erklären und eine zusammenhängende Geschichte entstehen lassen.
Dabei geht es nicht darum, bereits zu Beginn überraschende Wendungen zu offenbaren, sondern darauf vorzubereiten bzw. sie subtil anzudeuten.
Foreshadowing als Pantser oder Plotter
Auch wenn ich nicht aus der Sicht eines Pantsers berichten kann, würde ich behaupten, dass es als Pantser schwierig ist, eine (subtile) Vorausdeutung spontan einzubauen. Dafür müsste die komplette Geschichte im Kopf des Pantsers bereits vollständig präsent sein, was wohl bei den Wenigsten der Fall sein dürfte.
Durchaus wird es verschiedene Plotpunkte geben, die der Pantser bereits vor Augen hat, auf die er vorausdeuten kann. Dennoch halte ich es für ratsam, zu warten bis das erste Manuskript fertig ist, um dann Foreshadowing in die Geschichte einzubauen.
Wenn der Verlauf der Geschichte steht, kannst du Vorausdeutungen in die Kapitel einflechten.
Als Plotter kannst du genau so vorgehen, wie ein Pantser, indem du dich um das Foreshadowing erst kümmerst, wenn dein erster Entwurf fertig ist.
Plotter haben allerdings einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Pantsern, denn schon während des Schreibens haben sie durch das Outlining, eine Vorstellung davon, wie die Geschichte voranschreiten und ausgehen wird.
Die großen Ereignisse sind bereits bekannt und so kannst du dir bereits mit der Erstellung des Outlinings Gedanken dazu machen, wie man spätere Ereignisse vorausdeuten kann.
Wie kannst du vorausdeuten?
Die Möglichkeiten, wie du auf spätere Ereignisse in der Geschichte hinweisen kannst, sind nahezu unendlich. Im Folgenden möchte ich ein paar Beispiele dazu mit dir teilen.
Metaphern
Die Metapher, als Übertragung eines Bildes in einen anderen Bedeutungszusammenhang, ist ein besonders subtiler Weg, spätere Ereignisse vorauszudeuten.
Nehmen wir an, der Hauptcharakter befindet sich in der Kirche, weil die Hochzeit seiner großen Schwester bevorsteht. Es fällt ihm schwer, sich zu entscheiden, ob er auf der linken Seite sitzen möchte, wo seine Familie väterlicherseits sitzt oder auf der rechten Seite, wo seine Familie mütterlicherseits Platz genommen hat. Auf beiden Seiten entdeckt er Cousins und Cousinen, die er mag, doch er entdeckt auch Menschen, die er nie besonders mochte.
Diese innerliche Zerrissenheit und die letztendliche Entscheidung, könnte eine Metapher für spätere Ereignisse sein. Letztendlich kann die Situation z.B. darauf hindeuten, dass sich Mutter und Vater im späteren Verlauf trennen werden.
Wenn sich der Hauptcharakter auf die linke Seite setzt, könnte dies darauf hindeuten, dass er sich später dafür entscheiden wird, bei seinem Vater zu leben.
Zufällige Nennung
Die zufällige Nennung eines Namens oder eines Gegenstands im Verlauf der Geschichte, kann darauf hindeuten, dass die Person oder der Gegenstand später wichtig werden könnte.
Ein Beispiel aus meinem Lieblings-Fantasy-Roman Harry Potter:
Im allerersten Kapitel erklärt Hagrid, dass er das Motorrad, mit dem er Harry Potter in Little Whinging abliefert, von Sirius Black geliehen hat. Erst im dritten Buch taucht der Name wieder auf und wird dort zu einem wichtigen Charakter der Geschichte.
Du siehst, das Foreshadowing kann sogar bücherübergreifend benutzt werden.
Einbildung und Befürchtung
Wir alle kennen diesen Moment in einem Film oder in einem Buch, in dem einer der Charaktere aus heiterem Himmel sagt:
„War das ein Schatten? Nein, das habe ich mir bestimmt nur eingebildet.“
Niemand von uns würde jetzt glauben, dass er sich das tatsächlich eingebildet hat. Wir wissen, dass gleich etwas passieren wird bzw. dass gleich mit Sicherheit eine Person oder irgendeine Kreatur auftauchen wird.
Auch der folgenden Situation sind wir bereits unzählige Male begegnet:
„Leute, ich habe ein ungutes Gefühl. Ich glaube, wir werden beobachtet.“
Niemand würde dem Charakter Paranoia attestieren und sich von den anderen Charakteren beruhigen lassen, die allesamt versichern, dass alles in Ordnung ist. Wir wissen: die Helden dieser Geschichte geraten gleich in Schwierigkeiten.
Genau diese Tatsache, dass wir relativ genau wissen, was als nächstes passieren wird, macht diese Vorausdeutung weniger wirkungsvoll oder sagen wir weniger geheimnisvoll.
Sie erzeugt Wirkung in Form von Spannung, denn gleich passiert etwas. Das Geheimnis, dass jemand auf sie lauert, wurde offenbart.
Die unfertige Geschichte
Mit unfertiger Geschichte meine ich eine Story innerhalb der Story, die noch nicht zu Ende erzählt wurde. Der Hauptcharakter erfährt beispielsweise, dass es eine Karte gab, die den Weg zum Schatz offenbart, den er so sehnsüchtig sucht. Doch diese Karte ist vor hunderten von Jahren in den Minen der Zwerge verlorengegangen.
Wie würde der Hauptcharakter reagieren?
„Ach, na dann muss ich eben einen anderen Weg zum Schatz finden.“
Wohl eher nicht.
Wir wissen jetzt, dass er sich auf den Weg in die Minen der Zwerge machen wird. Die Vorausdeutung muss nicht gleichbedeutend damit sein, dass er die Karte dort auch findet. Vielleicht lernt er dort auch einen alten Zwerg kennen, der ihm mehr über den Standort des Schatzes verraten kann, im Austausch gegen Bares, versteht sich.
Sich wiederholende Geschichte
Bleiben wir bei dem Zwerg, der dem Hauptcharakter mehr über den Standort des Schatzes verriet. Diese Information würde in ein völlig neues Licht getaucht werden, wenn der Leser 200 Seiten zuvor erfahren hat, dass die Zwerge ebenfalls einst nach dem Schatz suchten und ihnen jedes Mittel recht war, um ihn zu bekommen.
Bereits 200 Seiten zuvor, könnte der Leser erahnen, dass die Zwerge während der Schatzsuche Kontrahenten werden würden. Wenig verwunderlich wäre es demnach, wenn der Zwerg den Hauptcharakter auf eine falsche Fährte setzt und ihm zusätzlich noch all seine Ersparnisse abknöpft.
Dies ist in meinen Augen aber ein gutes Beispiel dafür, dass die Vorausdeutung sich nicht immer zwingend erfüllen muss. Der Autor könnte dem Leser auch zeigen, dass es auch gute Zwerge gibt, die dem Hauptcharakter helfen.
Wenn er die sich wiederholende Geschichte allerdings als Vorausdeutung nutzt, wird der Leser denken: Ja, war doch klar, dass man dem Zwerg nicht trauen kann.
Prophezeiungen
Die Prophezeiung ist wohl eine der klassischsten Formen der Vorausdeutung, wenngleich sie hauptsächlich in Fantasy-Geschichten anzutreffen ist. Sobald wir als Leser von einer bedeutenden Prophezeiung erfahren, können wir (nahezu) sicher sein, dass sie sich erfüllen wird.
Dieser Punkt ist auch der Grund, warum ich kein allzu großer Fan von der Prophezeiung, als Mittel zum Vorausdeuten, bin.
Zwar werden Prophezeiungen meist sehr vage gehalten, sodass man nicht genau weiß, wer sie erfüllen wird und wie sie erfüllt werden, doch der Leser weiß, dass sie (in der Regel) erfüllt werden.
Dies entzieht der Prophezeiung, wie ich finde, den Charme des Foreshadowing und ist deswegen aus meiner Sicht nicht das beste Mittel, um Ereignisse vorauszudeuten.
Zusammenfassung
Zusammenfassend können wir festhalten, dass das Foreshadowing ein guter Weg ist, um den Leser mehr in die eigene Geschichte einzubinden und emotional zu involvieren.
Durch das Streuen von Hinweisen, wie sich die Geschichte entwickeln wird, bekommt der Leser den Eindruck, ein Teil der Geschichte und im Grunde ein Mitwisser zu sein.
Vorausdeutungen lassen sich bereits während des Schreibens einbauen. Doch am einfachsten wird es, wenn du bereits eine Vorstellung davon hast, welche Ereignisse im Verlauf der Geschichte bevorstehen.
So kannst du dir überlegen, auf welche Personen, Gegenstände oder Ereignisse du im Voraus hinweisen möchtest. Dabei solltest du darauf achten, nicht zu viel vorwegzunehmen, um die Spannung aufrechtzuerhalten und ggf. auch ein paar falsche Fährten einzubauen.
Wie bereits erwähnt, sind die Möglichkeiten im Grunde unbegrenzt, um Foreshadowing zu betreiben. Die folgenden Foreshadowing-Möglichkeiten habe ich in diesem Artikel mit dir geteilt:
- Metaphern
- Zufällige Nennung
- Einbildung und Befürchtung
- Die unfertige Geschichte
- Sich wiederholende Geschichte
- Prophezeiungen
Was hältst du vom Foreshadowing und auf welche Weise nutzt du es?
Lass es mich in den Kommentaren wissen!
PS: Eine kleine Vorausdeutung, worum es in meinem nächsten Artikel gehen wird, habe ich übrigens in diesem Artikel eingebaut. Errätst du, worum es gehen wird?
Pingback: Plotter oder Pantser – Welcher Typ bin ich? - Autor:Unbekannt
Pingback: Buchideen und wo sie herkommen - Autor:Unbekannt
Pingback: Spannung erzeugen wie Dan Brown - Autor:Unbekannt
Pingback: 7 Tipps, um endlich dein erstes Buch zu schreiben - Autor:Unbekannt