Es gibt tausende Möglichkeiten und Varianten, ein richtig gutes, erstes Kapitel zu schreiben. Viele Dinge kann man sich von den besten Autoren abgucken (damit meine ich, sich Inspiration zu holen, nicht zu kopieren).
Doch auch aus schlechten Beispielen kann man lernen. Zu wissen, wie man es nicht machen sollte, kann schon unheimlich viel wert sein. Hier sind meine vier Tipps, wie du dein Buch nicht beginnen solltest.
Infodumps
Vielleicht kennst du ihn. Den seltsamen Typen, der dir scheinbar ohne Grund sehr private Dinge aus seinem Leben erzählt. Du hast vorher nie mit ihm gesprochen, doch nun sitzt er neben dir und du weiß plötzlich, was seine Katze am liebsten frisst und wieso er keine Weizenprodukte verträgt.
Das interessiert dich alles eigentlich gar nicht. Und am liebsten, würdest du einfach aufstehen und gehen.
Im wahren Leben kann man solche Personen nicht so leicht abschütteln, doch wenn dir so jemand in einem Buch begegnet, kannst du es einfach zuklappen und ohne schlechtes Gewissen weglegen.
Egal, ob Infos zur Hauptperson, zum Setting oder Worldbuilding, beginnt das Buch mit mehreren Absätzen von Erklärungen, hat der Autor etwas falsch gemacht. Er ist zu der seltsamen Person geworden, die Fremde mit jahrelangen Freunden verwechselt.
Im ersten Kapitel geht es darum, die Aufmerksamkeit des Lesers zu fesseln. Das bedeutet, ihm etwas zu bieten, das neu, aufregend und interessant ist.
Zu Beginn kennt der Leser weder deine Hauptperson, noch die Welt, in der sie sich bewegt. Weshalb es verführerisch ist, alles zu erklären.
Doch genau da liegt der große, schwere Irrtum. Den Leser interessiert sich nicht für das Geburtsdatum, die Hobbys und alten Schulfreunde deines Protagonisten. Eben weil er ihn noch nicht kennt.
Das Fatale am Infodump ist, dass man dem Leser Antworten vor die Füße wirft, bevor er überhaupt die Fragen stellen konnte.
Vermeide das. Lass Fragen aufkommen. Heb dir deine Antworten für den passenden Moment auf. Nur so entsteht Spannung. Und Neugier.
Erfahre hier mehr darüber, wie du Infodumps vermeidest.
Irrelevante Action im ersten Kapitel
Nun, da du weißt, dass Erklärungen Gift für Spannung sind, willst du dich vielleicht gleich ins Abenteuer stürzten. Deinen Helden in voller Aktion zeigen, ohne dabei zu viel über ihn zu verraten.
Spannung erzeugen, eben.
STOPP.
Denk noch mal drüber nach. Bevor du deinen Protagonisten in eine sinnlos heikle Situation wirfst, die rein gar nichts mit der eigentlichen Story zu tun hat, überlege dir, worauf es in einem ersten Kapitel ankommt.
Und wie sehr sich die Leute für die Gefühle eines Fremden interessieren. Wie sehr es sie kümmert, ob jemand lebt oder stirbt, den sie nicht kennen.
Genau. Überhaupt nicht.
Der Gedanke eines actionreichen Auftaktes ist gar nicht so verkehrt. Jedoch solltest du dabei immer ein paar Dinge beachten, damit das nicht nach hinten losgeht.
Beginn also nicht gleich mit einer lebensgefährlichen Situation. Es reicht, wenn der Protagonist sein Portemonnaie verliert.
Achte außerdem darauf, dass das Ereignis nicht vollkommen irrelevant für die Story ist. Auch wenn der Leser nicht sofort versteht, wieso dieses Ereignis wichtig ist, sollte es ihm im Laufe der nächsten Kapitel langsam klar werden.
Dieses Prinzip nennt sich Einstiegskrise und ist ein guter Weg, ein Buch zu beginnen.
Klischee-Anfänge
Es gibt einige Strategien für das erste Kapitel, die schon zu oft gemacht wurden, um noch gut zu sein.
Wie bei allen Klischees gilt hierbei jedoch: Wenn du es neu erfindest und schaffst, es in neuem Licht darzustellen, dann kann es wirklich gut werden. Und es gibt immer noch Leute, die die Klischees mögen, wie sie sind.
Es begann… mit einem Traum
Hierbei beginnt die Erzählung, klar, mit einem Traum. Meist werden dabei etwas surreale Ereignisse geschildert, die das Interesse des Lesers wecken sollen.
Diese Ereignisse haben dabei oftmals entweder einen prophetischen Charakter oder zeigen prägende Momente aus der Vergangenheit.
Das Problem hierbei ist: Der Traum ist nicht real. Er hat nichts mit dem eigentlichen Geschehen zu tun und bringt den Plot auch in keinster Weise voran.
Der Spiegel
Statt den Charakter im Laufe der Erzählung zu beschreiben, stellt der Autor in irgendwann im Laufe des ersten oder zweiten Kapitels vor den Spiegel und lässt ihn sich selbst beschreiben.
Besonders oft genutzt, wenn der Erzähler aus der Ich-Perspektive berichtet, soll diese Methode dem Leser schnell das Äußere des Protagonisten näher bringen, damit er ihn sich nicht länger als schwarzen Flecken vorstellen muss.
Meiner Meinung nach: Faules Storytelling und nichts anderes.
Anmerkung: Es ist etwas anderes, wenn der Leser bereits weiß, wie der Protagonist aussieht. Manchmal ändert sich das Äußere eines Protas. Dass er sich dann vor einen Spiegel setzen möchte ist ganz natürlich und zeigt dem Leser, wie der Prota zu dieser Veränderung steht und damit umgeht.
Einblick in den Alltag
„Der Wecker klingelt. Ich quäle mich aus dem Bett. Schon wieder Montag. Ich schnappe mir meine kuscheligste Unterwäsche und spring erstmal unter die kalte Dusche. In der Hoffnung, dass mich das ein wenig munter macht…“
…
Äußerst interessant. Was passiert danach? Isst sie Käsebrötchen zum Frühstück? Oder Schokomüsli? Fährt sie dann mit dem Bus zu Arbeit? Mit dem BUS? Und sie grüßt den verd****** Busfahrer!
Verrückt!
Nien, ehrlich. So willst du deine Geschichte nicht beginnen. Unser eigener Alltag ist genug Alltag. Wir lesen, um ihm zu entfliehen. Da braucht man nicht noch mehr davon.
Backstory im ersten Kapitel
Backstory erzählt von den Hintergründen, der Vergangenheit deines Protagonisten. Sie erklärt, warum er geworden ist, wie er ist. Sie beschreibt prägende und oftmal tragische Ereignisse.
Womit wir wieder beim Thema „Mir egal, ich kenn dich nicht“ wären.
Im ersten Kapitel weiß der Leser nicht einmal, wie der Prota JETZT ist. Darum kann es ihm auch vollkommen schnuppe sein, wie viel Sand er als Kind gegessen hat.
Solange man den Menschen noch nicht kennt, kann man auch gar nicht abschätzen, welche Tragweite bestimmte Events auf dessen Leben gehabt haben könnte. Jeder reagiert anders auf Unglücke.
Indem du bereits zu Beginn die Backstory erzählst, wirfst du wieder etwas weg, das an anderer Stelle große Spannung erzeugen könnte. Also heb es dir auf. Halte es fest. Und wenn der Leser es verdient hat, gib ihm ein Bröckchen und dann später noch eines. Und erst dann weihst du ihn in die ganze Geschichte mit ein.
So funktioniert Spannung. Doch das ist ein Thema für ein anderes Mal.
Aber wie mache ich es jetzt richtig?
Du weißt jetzt, wie du dein Buch NICHT beginnen solltest. Aber.. wie solltest du es beginnen?
Die Antworten findest du hier, mein Freund: 5 Punkte, die in deinem ersten Kapitel nicht fehlen dürfen
Wenn dir der Beitrag gefallen hat, teile ihn auf Pinterest oder hinterlasse mir unten einen kleinen Kommentar. Ich freue mich über deine lieben Worte.
Kennst du noch weitere Klischee-Anfänge?