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Aussehen beschreiben – So stellt du neue Figuren vor

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Eines der wichtigsten Dinge, die du im ersten Kapitel deines Buches tun solltest, ist das Aussehen deines Protagonisten zu beschreiben. Andernfalls wird er oder sie nur ein schwarzer Fleck in der Vorstellung deiner Leser sein.

Je eher du dieses Problem als behebst, desto besser.

Ich zeige dir, wie du es richtig machst und was du besser vermeiden solltest.

NoGos

Der Spiegel-Trick: Diese Taktik wurde eine Zeit lang so oft genutzt, dass sie bereits ein schlechtes Klischee ist. Denn das Prinzip ist wunderbar simpel: Der Autor lässt den Protagonisten vor einem Spiegel (oder einer anderen reflektierenden Oberfläche) stehen und nutzt diese Gelegenheit, um ihn einmal von Kopf bis Fuß zu beschreiben.

Es ist direkt, detailliert und direkt aus der Sicht der Figur erzählt. Außerdem ist es schrecklich langweilig und peinlich. Denn diesem Vorgehen fehlt jede Eleganz und Subtilität.

Zudem geht die Charakterbeschreibung vorm Spiegel meist einher mit einer schrecklich detaillierten Beschreibung der Morgenroutine des Protagonisten. Vom Aufwachen zum Anziehen, Frühstück und Türabschließen. Mit einer solchen Szene verschwendest du die wertvolle Aufmerksamkeit und Neugier, die der Leser normalerweise auf den ersten Seiten empfinden sollte.

Infosdump: Der Leser wird mit Informationen überschüttet. Meist in Form von mehreren Paragrafen übermäßig detaillierter und oft auch unnötiger Beschreibungen und Erklärungen.

Infodumps können über das ganze Buch verteilt auftreten, doch sollten in jedem Fall vermieden werden. Anstatt also alle möglichen Infos an einer Stelle abzuladen, überlege, welche Infos an dieser Stelle wirklich benötigt werden und verteile sie anschließend häppchenweise an verschiedenen Stellen im Text. Ein gutes Hilfsmittel hierfür ist der gekonnte Einsatz von Subtext.

Zu genaue oder poetisch verschlungene Beschreibungen: Insbesondere, wenn du aus Sicht der Figur schreibst, die du beschreeiben willst, solltest du auf besonders poetisches Umschreibungen verzichten.

Warum?

Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass sich tatsächlich mal jemand zurücklehnt und über sich selbst denkt: „Ja, mein schwarzes Haar umschmeichelt mein liebliches Gesicht wie ein Meer aus wilden Wellen in der Nacht. Ich habe Augen wie glühend schwarze Kohlen und Lippen so rot und voll, als wären sie eben erst von der Göttin der Schönheit geküsst.“

Bis zu einem gewissen Grad sind solche Beschreibungen akzeptabel, doch dann sollten sie auch zum restlichen Stil und zum Genre passen. Poetische Beschreibungen in Romance-Büchern? Okay. In Thrillern? Eher unpassend.

Beschreibe das Aussehen deiner Figuren stattdessen so:

Zu Beginn solltest du dich bei den Beschreibungen deiner Figurenen auf deren jeweilige 2-3 wichtigsten/auffälligsten Alleinstellungsmerkmale konzentrieren. In dem Moment der ersten Begegnung ist es schlichtweg nicht relevant, ob das Kinn deines Protagonisten nun kantig oder spitz ist. Ob ihre Haare nun bis auf die Schultern oder zur Mitte ihres Rückens fallen.

Was zählt, sind die Dinge, die die Figur einzigartig machen. Hilfreich sind dabei starke Begriffe, die ganz bestimmte Assoziationen im Leser auslösen. Dabei kann es hilfreich sein, auf Klischees aufzubauen und diese um 1-2 sonderbare Eigenschaften zu erweitern.

Hier ein paar Beispiele:

El wirkte auf den ersten Blick wie ein typischer Nerd mit fettigem schwarzen Haar und pfahler Haut. Doch statt nerdiger Nervosität lag etwas Dunkles in seinem Blick, eine Art freudlose Besessenheit. Dieser Junge würde sich nicht verarschen lassen.

Alles an ihr war akkurat und präzise — von ihrem eisblonden Bob bis hin zu den schwarfen Schwingen ihres Eyeliners. Doch es war nicht die Präzision einer prüden Bibliothekarin, sondern vielmehr die eines kaltblütigen Killers.

Bei beiden Beschreibungen habe ich mich auf 3 Zeilen beschränkt. Trotzdem solltest du bereits ein ziemlich genaues Bild von beiden Figuren bekommen haben. Ein Bild, das nicht nur ihr jeweiliges Aussehen beschreibt, sondern bereits erste Einblicke in ihre Persönlichkeiten gibt.

Du hast die Macht, mit wenigen Buchstaben in schwarz auf weiß, bunte, dreidimensionale Bilder in den Köpfen deiner Leser zu zeichnen. Nutze diese Macht.

Relevanz der beschriebenen Eigenschaften

Klar will ich als Leser wissen, wie die Figuren aussehen, damit ich sie mir nicht als sprechenden Fleck in der Landschaft vorstellen muss. Doch dafür reichen, wie oben bereits geschrieben, ein paar wenige, generelle Fakten. Alles, was darüber hinausgeht, sollte stets einem bestimmten Zweck dienen – nämlich dem der Charakterisierung.

Körpergröße, Kleidung, Haarschnitt, typische Gesichtsausdrücke, Tattoos, Piercings und anderer Schmuck. Selbst Dinge wie Flügel, Hörner, Krallen, wenn du im Fantasybereich unterwegs bist. All das kannst du beeinflussen und nutzen, um den Charakter deiner Figur zu unterstreichen.

Ist er ein hartgesottener Krieger, der sich nichts sehnlicher wünscht, als nach Hause zurückzukehren? Dann hat er wahrscheinlich auch die Muskeln und Waffen, um das zu beweisen. Doch der finstere Blick ist gepaart mit einer einzelnen rosa Socke, die er stets am Gürtel trägt.

Ist sie diese seltsame, unverheiratete Tante, die bei jedem Besuch kleinen Schnickschnack mitbringt, den niemand wirklich haben will? Dann trägt sie wahrscheinlich weite, bunte Kleider und eine große Tasche, in die die Kinder nicht reingucken dürfen, weil sie darin neben den Tarotkarten auch bestimmte Spielzeuge für Erwachsene aufbewahrt.

Drei Details zu jeder Person, doch du konntest dir bereits ein Bild davon machen, wie diese Figuren sind, wie sie sich bewegen, reden, sich verhalten.

Schein ist Sein. Das äußere Erscheinungsbild gibt anderen Aufschluss darüber, wer jemand ist/sein will.

Dabei ist es wichtig, eine Figur nicht zu glatt werden zu lassen. Wenn sie allen Erwartungen entspricht, hast du etwas falsch gemacht. Menschen sind wandelnde Widersprüche. Wir alle haben verschiedene Seiten an uns, erfüllen verscheindene Rollen für unterschiedliche Situationen.

So ist der Krieger nicht nur ein Krieger, er ist auch Vater. Ein Beschützer. Stark und Tödlich in einem Moment, zärtlich und gebrochen im nächsten.

Diese Widersprüche kannst du symbolisch im Erscheinungsbild deiner Figur ausdrücken, indem du eben solche kleinen Details und Ungereimtheiten hinzufügst. Das verleiht deinen Figuren Tiefe und macht die Erzählung zugleich spannender, das die Leser nun herausfinden wollen, Was es mit der rosa Socke oder dem S*xspielzeug auf sich hat.

Besonderheiten beim Beschreiben von Protagonisten beim Ich-Erzähler

Wenn du den Ich-Erzähler verwendest, lschreibst du aus der limitierten Sichtweise des Protagonisten/POV-Charakters heraus. D.h., du kannst immer nur über das berichten oder das beschreiben, was der Protagonist selbst sehen/hören/wissen kann. Das macht es schwieriger, den Protagonisten selbst zu beschreiben, ohne in die Spiegelfalle zu tappen.

Stattdessen musst du Situationen erschaffen, in denen dein Protagonist gezwungen ist, über sein Äußeres nachzudenken. Etwa, wenn er oder sie sich beispielsweise mit anderen vergleicht oder darüber nachdenkt, welche Kleidung für die anstehenden Events am praktischsten wären.

Auch andere Charaktere können zur Beschreibung beitragen, indem sie dem Prota z.B. Komplimente machen oder gewisse Eigenschaften beleidigen.

EinBeispiel: Dein Prota ist eine junge Adlige, die aufgrund der politischen Situation ihre ländliche Heimat verlassen musste, um an denHof des Königs zu gehen. Angesichts all der neuen Eindrücke wird sie sich zweifelsohne mit den anderen jungen Damen bei Hofe vergleichen. Ihre Kleidung ist vielleicht simpler als die der anderen, doch sie ist vielleicht stolz darauf, auch ohne dickes Make-up hübscher als sie zu sein.

Diese Beschreibung verrät etwas über den Charakter des Protagonisten, weil er in Vergleichssituationen automatisch auch Wertungen mit einfließen lassen wird, die Aufschluss darüber geben, was ihm wichtig ist und wie selbstbewusst er ist.

Fortlaufende Charakterisierung

Gerade bei Ich-Erzählern, doch auch beim Er-Erzähler, solltest du deine Beschreibungen dann einbringen, wenn sie relevant werden, oder gerade ins Erzählmuster passten. So kannst du im Verlauf des Buches immer wieder kleine Details hinzufügen, die zum übergreifenden Bild beitragen. Zum Beispiel mit Sätzen wie diesen:

  • Sie strich sich eine braune Locke hinters Ohr.
  • Als ich aufsah, begegnete ich seinen stechend blauen Augen.
  • Der Stoff des Kleides schimmerte im selben hellen Silberton wie ihr Haar.
  • Sie war groß für eine Frau, doch noch immer einen halben Kopf kleiner als ich.

Tatsächlich gibt es nur 2 Dinge, die der Leser bereits auf der ersten Seite über den Protagonisten erfahren sollte und das sind: Geschlecht und ungefähre Altersgruppe (Kleinkind, Teen, Erwachsene, Mittleres Alter, Älter)

Alles andere (Haarfarbe, Statur, Kleidungsstil etc.) kannst du im Verlauf der nächsten paar Kapitel stückchenweise einfließen lassen. Hier ein Detail, da ein Hinweis…

Dabei musst du jedoch immer darauf achten, dir unterwegs nicht selbst zu wiedersprechen. Es besteht stets das Risiko, dass der Leser die Lücken selbst füllt und du sein Bild von einer Figur mit einer Randbemerkung vollkommen verzerrst.

Dennoch liebe ich dieses Vorgehen, da der Lesefluss dadurch nie von einem Block voll Beschreibung unterbrochen wird. Stattdessen integriert es sich nahtlos in den Strom der Erzählung.

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