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Ich oder Er? Den richtigen Erzähler wählen

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Die Art, wie eine Geschichte erzählt wird, ist ebenso entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg einer Geschichte wie ein guter Plot und realistische Figuren. Dafür musst du den passenden Erzähler für deine Geschichte finden.

Egal, ob Ich- oder Er-Erzähler: Jeder hat seine Vor- und Nachteile. Diese solltest du kennen, um entscheiden zu können, welcher am besten zu deiner Geschichte passt.

Der Ich-Erzähler

Dies ist die wohl persönlichste Erzählart von allen. Der Protagonist erzählt seine eigene Geschichte, so wie er sie erlebt und gefühlt hat.

Der Leser kommt dabei dem Protagonisten sehr nah, erhält vollen Zutritt zu dessen Gedanken und Gefühlswelt. Um das schreiben zu können, musst du als Autor deinen Protagonisten besonders gut kennen. Er (oder sie) muss eine eigene, unverwechselbare Stimme entwickeln.

Mehr als bei allen anderen Erzählern betrachtet der Leser einer Geschichte, die vom „Ich“ erzählt wird, die Welt durch die Augen des Hauptcharakters. Wird dieser zu speziell, kann sich dein Leser schlechter in ihn hineinversetzen und du läufst Gefahr, dass er die Stirn runzelt und dein Buch für alle Zeiten beiseite legt. Dasselbe kann auch passieren, wenn ihm eine Unregelmäßigkeit im Charakter deines Protas auffällt.

Zudem können nur Szenen beschrieben werden, bei denen der Protagonist auch anwesend ist. Je komplexer die Story, desto schwieriger gestaltet sich das.

Ein interessanter Punkt beim Ich-Erzähler ist dessen Unzuverlässigkeit. Das ist ein Element, das man nutzen kann oder nicht (wobei men bei einem davon bleiben sollte, damit der Leser nicht das Gefühl bekommt, verarscht zu werden).

Jeder sieht die Welt mit anderen Augen. Keiner hat die Wahrheit für sich gepachtet: man wird getäuscht, irrt sich, oder ist schlichtweg ein Pessimist. Wenn du so nah an einer Geschichte dran bist wie beim Ich-Erzähler, ist es nicht unwahrscheinlich dass dessen Sichtweisen, Fehler und Auffassungen seine Erzählweise färben.

Typische Verwendung:

  • In gefühlsbetonten Geschichten, in denen Protagonisten sich stark (oft positiv) verändern und ein vielseitiges Innenleben besitzen.
  • In Büchern mit einem, maximal zwei Protagonisten
  • oftmals Jugendbücher/YA und Liebesromane

Der Er-Erzähler

Der Er-Erzähler ist typischerweise ein außenstehender Erzähler, der nicht oder wenig am Geschehen teilnimmt. Er berichtet von den Geschichten, die andere erleben. Wie nah er den Personen dabei kommt und wie viel er weiß, kann dabei stark variieren.

Der auktoriale Erzähler

Dieser Erzähler weiß ALLES. Er weiß, was passiert, wie die Geschichte beginnt und ausgehen wird, was jede daran teilhabende Person zu jedem Zeitpunkt denkt und fühlt. Er weiß, was der Antagonist plant und dass der Protagonist scheitern wird.

Das ist vorteilhaft, wenn man die Geschichte aus mehreren verschiedenen Perspektiven heraus erzählen will. Man kann Spannung aufbauen, indem man den Leser wissen lässt, was der Antagonist plant und dann zeigt, wie der Protagonist direkt auf die gestellte Falle zuläuft.

Genauso kann es jedoch auch einiges an Spannung herausnehmen, wenn der Leser zu genau über alle Geschehnisse Bescheid weiß. Was man den Erzähler erzählen lässt, ist in diesem Fall ein Balanceakt, der ein wenig Können und Erfahrung erfordert.

Dabei sollte man vorallem Headhopping – also den ständigen Perspektivwechsel innerhalb eines Kapitels/einer Szene – vermeiden. Das kann stark verwirren, wenn der Leser irgendwann nicht mehr weiß, in wessen Kopf er sich gerade befindet.

Typische Verwendung:

  • Geschichten mit einem großen Figurenensamble
  • Geschichten, die in fremden Welten spielen
  • Wenn mehr auf den Plot als auf die Gefühle und das Seelenleben der Charaktere geachtet wird.
  • Zumeist Märchen, eventuell Fantasy oder Sci-Fi

Der außenstehende Erzähler

Dieser Erzähler weiß nur, was er sieht. Er kann nicht in die Köpfe der Figuren gucken, kann nicht deren Zukunft oder Vergangenheit erahnen. Er ist somit vergleichbar mit einer Person, die das Geschehen von außen miterlebt, ohne aktiv daran teilzuhaben.

Manche Autoren nutzen das. SIe erstellen einen Charaktere, der kaum bis gar nicht am Plot beteiligt ist, und lassen ihn die Geschichte erzählen. Manchmal tritt er dann am Ende in Erscheinung oder führt ein einziges Gespräch mit dem Protagonisten, ist vielleicht dessen unsichtbare, helfende Hand.

Hier hat man jedoch wieder das Problem (wenn man eine Figur als neutralen Erzähler schafft), dass man nur das zeigen kann, was der Erzähler persönlich miterlebt hat. Alles andere kann maximal von ihm nacherzählt werden.

Mit diesem Erzähler schafft man Distanz zu den Figuren. Das kann manche Leser abschrecken. Andere wiederum wissen die neutrale Haltung zu schätzen, da sie so besser beide Seiten der Geschichte betrachten können. Bevor du dich also für diese Erzählweise entscheidest, solltest du wissen, zu welcher Art Leser deine Zielgruppe gehört.

Der personelle Erzähler

Der personelle oder persönliche Er-Erzähler kennt nur die Gedanken und Gefühler einer bzw. einiger ausgewählter Personen (z.B. die des Protagonisten oder der Protagonisten, falls es mehrere gibt). Es kommt der Erzählweise des Ich-Erzählers am nächsten, da der Leser die Welt immer nur durch die Augen der erzählenden Figur erlebt.

Diese Erzählweise bringt jedoch etwas mehr Freiheit mit. So erlaubt sie dir auch das Äußere deines Protagonisten zu beschreiben, ohne ihn vor einen Spiegel stellen zu müssen. Du kannst auch einige Gedankengänge weglassen, um Spannung zu erhöhen (z.B. wenn die Figur Pläne schmiedet) oder die Aufmerksamkeit von Leser und Figur auf bestimmte Details fokussieren, um von anderen abzulenken.

Hier muss man jedoch aufpassen, dass man nicht zu sehr in eine der anderen Erzählweisen abgleitet. Wenn sie im Verlauf des Buches immer wieder stark schwangt, verwirrt das den Leser und er verliert das Vertrauen.

Du solltest dir daher vorher schon bewusst werden, wie viel du auf welche Art preis geben willst, und dann dabei bleiben.

Typische Verwendung:

  • Jede Art moderner Romane (Von Mystery und Fantasy bis Romanze)
  • Bücher mit mehreren Hauptcharakteren

Wie du den richtigen Erzähler findest

Jede Geschichte muss auf ihre eigene Art erzählt werden. Was für eine funktioniert, funktioniert für eine andere schon nicht mehr, selbst wenn derselbe Autor hiter beiden steckt.

Darum solltest du dir immer überlegen, wie du eine Geschichte erzählen willst, bevor du mit dem Schreiben beginnst. Besser noch: bevor du überhaupt mit dem Plotten beginnst. Gerade wenn du mehrere Erzähler hast, kann sich die erzählende Perspektive stark auf den Verlauf der Geschichte und den Spannungsaufbau auswirken.

Figurenensamble

Wie viele Protagonisten hast du? Aus wie vielen Perspektiven möchtest du deine Geschichte erzählen?

Hast du nur einen Protagonisten/erzählenden Charakter, bietet sich der Ich-Erzähler, oder alternativ der persönliche Er-Erzähler an.

Hast du mehrere erzählende Charaktere und einen größeren Cast empfiehlt sich ein Er-Erzähler.

Plot oder Figur?

Worauf konzentriert sich deine Erzählung mehr?

Wenn deine Geschichte plotlastiger und actionreicher aufgebaut ist, lohnt es sich mehr Distanz zu wahren. So werden die Szenen nicht von unnötigen Gefühlen gestört oder verlangsamt und der Leser kann sich auf die Ereignisse konzentrieren.

Macht dein Protagonist jedoch eine große Wandlung im Laufe der Story durch oder muss viele Entscheidungen treffen, lohnt sich eine persönlichere Erzählweise.

Genre-Erwartungen und Zielgruppe

Auch die Erwartungen des Genres und der Zielgruppe, für die du schreibst, solltest du bei der Wahl deines Erzählers in Erwägung ziehen. So sind die meisten Jugendbücher beispielsweise aus der Sicht des Ichs der Hauptfigur geschrieben.

Persönliche Präferenzen

Welche Erzählweise bevorzugst du zu lesen? Welche kannst du besser schreiben.

Ich bin immer dafür, etwas Neues zu probieren, doch wenn du merkst, dass du mit der dir gewählten Erzählart nicht klar kommst, musst du eine andere probieren. Oder zu der zurückkehren, die dir bisher immer gut gelungen ist.

Bei mir wäre das der persönliche Er-Erzähler. Welchen Erzähler nutzt du am liebsten? Schreibe es in die Kommentare, zusammen mit weiteren Tipps, die du vielleicht noch zu diesem Thema hast 😉

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Rahel

    Ich nutze für mein Buch dass ich momentan schreibe, den personellen Erzähler. Jedes Kapitel aus einerr anderen Ich-Erzählweise. Es hat vier Protas, deswegen eignet sich das am besten.

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